2023 Design, rekombinante Produktion und Anwendung von Muschelfußprotein und Elastin-ähnlichen Fusionsproteinen

Authors:
Constanze Zwies

Journal:
Dissertation

Institute:

Naturwissenschaftlichen Fakultät I – Biowissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Abstract:

Seit Tausenden von Jahren versuchen Menschen unterschiedlichste Materialien für den Haus-bau, die Herstellung von Werkzeugen und Maschinen oder für dekorative Zwecke zu verkle-ben. Dementsprechend wurden verschiedene Klebetechniken im Laufe der Geschichte entwi-ckelt, die mit Hilfe von Klebstoffen oder Leimen unterschiedliche Substrate verbinden können. Von Beginn an haben sich Menschen von der Natur inspirieren lassen. Insekten, Spinnentiere und Vögel sind in der Lage, Verbundstoffe aus natürlichen Fasern und eigenen Sekreten zu bilden. Viele marine Organismen können sich stabil an Felsen oder andere Oberflächen heften [Favi et al., 2014].
Der erste Meilenstein in der Entwicklung von Klebern war ca. 70000 v. Chr., als Höhlenmen-schen in Südafrika eine klebrige Masse aus Baumharz und rotem Ocker benutzten, um ihre Höhlenmalereien zu schützen [Keimel, 2003]. Um 8000 v. Chr. verwendeten Menschen das Harz von Birkenbäumen, um die Köpfe von Speeren und Äxten mit dem sogenannten Birken-teer zu befestigen. Um 3500 v. Chr. führten die Ägypter erstmals die Extraktion tierischer Pro-teine (Aufkochen von Haut oder Knochen) zur Verwendung als flüssigen Klebstoff ein. Mitte des 14. Jahrhunderts nutzten die Azteken die Hafteigenschaften von Blut für ihre Bauten und mischten Tierblut in Zement. Für die besonderen Klebeeigenschaften ist das Albumin im Blut verantwortlich. Die Bauwerke der Azteken sind noch heute in einem ausgezeichneten Zustand und zeugen von der Qualität und Beständigkeit dieses Bindemittels.
Im Zuge der Technologisierung suchten Forscher nach Alternativen und insbesondere synthe-tischen Bindemitteln. Mit der chemischen Modifikation natürlicher Materialien gelang Charles Goodyear 1839 ein technologischer Durchbruch auf diesem Gebiet. Durch die Zugabe von Schwefel konnten Naturkautschuk oder andere verwandte Polymere in haltbare Materialien umgewandelt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts experimentierte Baekeland mit Phenol und Formaldehyd [Baekeland, 1909]. Er entdeckte, dass diese Stoffe in einer exothermen Re-aktion zu einem Kunstharz polymerisierten. Dieser wurde ab 1910 als erster vollsynthetischer Kleber mit dem Namen „Bakelit“ industriell hergestellt. Während des zweiten Weltkrieges zeigte der Chemiker Dr. Harry Coover, dass die Substanz Cyanoacrylat durch die anionische Polymerisation von monomeren 2-Cyanoacrylsäureestern eine starke Klebekraft entwickelt [Coover und Shearer, 1957; Falbe, 1997]. Dies war der Grundstein für die Entwicklung des Sekundenklebers, welcher schnell an eine Vielzahl von Materialien bindet.
Die exklusive Verwendung von synthetischen Bindemitteln insbesondere in der Werkstoff-in-dustrie, die sich über das vergangene Jahrhundert etabliert hat, kann jedoch zukünftig zu Prob-lemen führen. Dazu zählen die perspektivisch limitierte Verfügbarkeit von fossilen Brennstof-fen (Öl, Erdgas, Kohle), Umweltprobleme bei der Entsorgung von synthetisch gebundenen Materialien wie Holz oder Sand, ein erhöhter CO2-Ausstoß [Krug und Tobisch, 2010; Weber und Krug, 2005] sowie die gesundheitliche Belastung durch Formaldehyd [National-Toxicology-Programm, 2011]. Folglich steigt die Nachfrage nach Formaldehyd-armen bzw. weitgehend Formaldehyd-freien Bindemitteln. Bislang waren Harnstoff-Formaldehyd-Verbin-dungen wie Urea-Formaldehyd (UF), melaminverstärktes UF (MUF), Phenol-Formaldehyd (PF) oder Melamin-Urea-Phenol-Formaldehyd (MUPF), Hauptbindemittel für Holzverbundplat-ten wie Spanplatten oder Faserplatten [Christjanson et al., 2006; Kloeser et al., 2007]. Ihre guten Klebeeigenschaften, die hohe Aushärtungsrate und die geringen Herstellungskosten gehören zu den attraktiven Eigenschaften. Dennoch besitzen die Formaldehyd-Verbindungen eine relativ geringe Wasserbeständigkeit und die Emission von Formaldehyd aus Spanplatten durch die geringe Stabilität der Aminomethylenbindung zählen zu den Nachteilen.